Die Unfallakte Unfallrisiko durch Staus auf der A 7

Lkw-Fahrer aufgepasst - denn auf der A 7 zwischen dem Waldroder Dreieck und Hamburg lauern jetzt viele Gefahren! Dieser Streckenabschnitt im Norden wird dreispurig ausgebaut und erfordert volle Konzentration. Wie wichtig das ist, hat unlängst die VOX Sendung „auto mobil“ in der Beitragsreihe „Die Unfallakte“ dokumentiert.

Die Arbeiten für den dreispurigen Ausbau der A 7 zwischen dem Walsroder Dreieck und Hamburg laufen auf Hochtouren und werden neun lange Jahre dauern. Für Lkw-Fahrer bedeutet dies, dass sie jetzt sehr wachsam sein müssen und vor allem mindestens den gesetzlichen Mindestabstand von 50 Metern zum Vordermann einhalten sollten. Er ist so zusagen überlebenswichtig. Denn tückische Stauenden sind an der Tagesordnung und bedeuten besonders vor den Baustellen ein extremes Unfallrisiko!

Am 12. März hatten an einem Stauende hatten gleich drei Lkw Feuer gefangen, nachdem ein mit 15.000 Spraydosen beladener Sattelzug auf einen Lkw aufgefahren war. Als Folge des Unfalls gerieten der stehende Container-Lkw vor dem Spraydosen-Truck und ein nachfolgender Tankzug, dessen Fahrer das Stauenende ebenfalls übersehen hatte, sofort in Vollbrand. Wie durch ein Wunder überlebte der rumänische Fahrer des Spraydosen-Lkw den Unfall mit schwersten Brandverletzungen.

spraydosen

Tausende von Spraydosen explodierten und sorgten für ein gewaltiges Flammeninferno. Die Dosen flogen bis auf den angrenzenden
Autobahnparkplatz oder landeten im Gegenverkehr.

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Flammeninferno auf der A 7, gleich drei Lkw gerieten dadurch in Volbrand. Wie durch ein Wunder konnten sich die an dem Unfall beteiligten Lkw-Fahrer rechtzeitig retten.

Ist ein Campingkocher in der Fahrerkabine explodiert?

„Alle haben an diesem Tag wahnsinniges Glück gehabt. Es hätte mit Leichtigkeit auch drei Tote geben können“, kommentiert Polizeidirektor Stefan Sengel das Unfallgeschehen und warnt vor den extremen Gefahren. Wie aber konnte es überhaupt passieren, dass der Spraydosen-Lkw unmittelbar nach seinem Aufprall auf den Container-Lkw sofort brannte? „Experten sagen immer, so etwas passiert nicht. Aber es ist passiert. Hier könnte ein Campingkocher in der Fahrerkabine eine Rolle gespielt haben, aus dem Gas oder eine andere leicht entzündliche Flüssigkeit ausgetreten ist. Aber wir wissen es noch nicht genau“, so Sengel.

Der Hamburger Unfallanalytiker Dipl.-Ing. Martin Hitzemann hat sich den von einer Überwachungskamera aufgezeichneten Lkw-Crash angesehen. Der Dekra-Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass der plötzliche Rückstau dazu geführt haben muss, dass der rumänische Lkw-Fahrer eine Art Notbremsung durchgeführt hat und dabei leicht nach links ausgewichen ist.

Dipl.-Ing. Hitzemann: „Das hatte natürlich den Nachteil, dass der Aufliegerins Rutschen kam und sich ein wenig quer stellte. Für den dahinter fahrenden Fahrer des Tanklastzuges gab es eigentlich gar keine Chance mehr für ein Ausweichmanöver. Auch sein Abstand war viel zu gering und so ist er dann sehr zeitnah mit dem sich quer stellenden Auflieger des Spraydosen-Lkw zusammengeprallt“.

Flammen durch schlagartige Beschädigung der Spraydosen

Grundsätzlich hält es Hitzemann für möglich, dass eine Gaskartusche in der Fahrerkabine die Ursache gesetzt hat, jedoch nicht für das riesige Flammeninferno. Hitzemann: „Es ist eindeutig durch das Auffahren des Tanklasters auf die Ladung des davor fahrenden Lkw verursacht worden, der mit Spraydosen beladen war. Und diese Spraydosen wurden schlagartig allesamt beschädigt, so dass es zu dieser rasanten Ausbreitung des Feuers und damit zu der gewaltigen Flammenbildung kam.“

Explosion der Spraydosen bedeutete hohe Gefährdung

Auch wenn das Video den Unfall von weitem zeigt, problematisch wird eine exakte Analyse, weil die Feuersbrunst auf der A 7 sämtliche Spuren an der Unfallstelle vernichtet hat und sogar der Fahrbahnbelag erneuert werden musste. Bei geschätzten Temperaturen von rund 1.400 Grad wurde der Einsatz der beteiligten Feuerwehren aus dem Heidekreis ohnehin zu einem Kraftakt, wie Feuerwehrsprecher Jens Führer bestätigt: „Ein Lkw in Vollbrand bedeutet eine echte Herausforderung. Wenn man dann drei hat, wartet man händeringend auf das nächste wasserführende Fahrzeug, um den Löscheinsatz überhaupt fortsetzen zu können!“ Nicht unerwähnt bleiben darf natürlich das Risiko durch die umherfliegenden brennenden Spraydosen. „Wenn so eine große Anzahl an Dosen explodiert, ist das eine Gefährdung für jeden, der sich in diesem Bereich aufhält. Die Dosen waren scharfkantig und sehr heiß. Und das bedeutete eine Gefahr für alle, die sich in der Nähe der Unfallstelle aufhielten“, sagt Jens Führer.

Große Gefahren durch unüberlegte Fahrmanöver

Kein Verständnis hat die Polizei im Heidekreis Soltau übrigens für das Verhalten von Verkehrsteilnehmern, die nach dem Flammeninferno auf der Autobahn rückwärtsfuhren, einfach wendeten oder aus Sorge vor einem Stau sogar die dunklen Rauchwolken durchquerten. Durch ihre unüberlegten Fahrmanöver haben sie sich nach Ansicht von Polizeidirektor Stefan Sengel selbst großen Gefahren ausgesetzt und dabei ein noch größeres Verkehrschaos in Kauf genommen. Richtig wäre es gewesen, einfach anzuhalten, eine Gasse zu bilden und die Rettungskräfte durchzulassen. Sengel: „Wenn es der eine geschafft hat, glaubt der nächste, das schaffe ich auch. So etwas bedeutet aber eine Wahnsinns-Gefährdung für alle anderen. Was wäre denn passiert, wenn es im Gegenverkehr zu einem weiteren Unfall gekommen wäre? Schlimmstenfalls hätten wir uns dann auch noch um weitere Opfer kümmern müssen, was die schwierige Lage am Unfalltag dann noch zu sätzlich erschwert hätte.“

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Baustellen werden auf der A 7 in den kommenden neun Jahren für erhebliche Beeinträchtigungen sorgen.

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Die Polizei fährt auf der A 7 verstärkt Streife und will dadurch die Aufmerksamkeit der Lkw-Fahrer erhöhen.

Welche Ursachen stecken hinter schweren Verkehrsunfällen?

Dieser Frage geht das VOX-Magazin „auto mobil“ regelmäßig in der Beitragsreihe „Die Unfallakte“ nach. In Zusammenarbeit mit Polizeibehörden und Unfallanalytikern wird so ein wichtiger Beitrag für mehr Verkehrssicherheit erreicht.

Sendetermine

07.09.2014 17.00 Uhr
A7 Walsrode / Unfall mit Tablet-PC

05.10.2014 17.00 Uhr
A7 Heidekreis / Tag der vielen Stauende-Unfälle

 

Quelle: Zeitschrift "Der Berufskraftfahrer", 09.2014 (Artikel als PDF-Download)
Text und Fotos: Norbert Böwing

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