Raserei bei Wasserglätte löste tödlichen Unfall aus „auto mobil“ bei VOX analysiert Unfall auf der A 27 bei Walsrode
Immer wieder kommt es auf der A 27 zu besonders tragischen Verkehrsunfällen, deren genaue Umstände für Außenstehende kaum nachzuvollziehen sind. Einen solchen Unfall analysiert das VOX-Magazin „auto mobil“ am Sonntag (6.6., 17.00 Uhr – 18.15 Uhr) im Rahmen seiner Präventionsreihe „Die Unfallakte“. In Höhe Walsrode war am 10. August 2009 gegen 4.15 Uhr ein Ehepaar aus Bayern bei Starkregen unter einen Sattelauflieger geprallt. Beide Insassen, ein 39-jähriger Mann und seine nur ein Jahr jüngere Frau, wurden tödlich verletzt. In enger Zusammenarbeit mit der Polizeiinspektion Verden/Aller und Sachverständigen der Dekra dokumentiert VOX, wie es überhaupt zu dem Unfall kommen konnte.
Bereits unmittelbar vor dem schweren Unfall war ein 54 Jahre alter Autofahrer aus dem Kreis Osterholz mit seinem Mercedes-Kombi ins Schleudern geraten. Er kam an der Mittelleitplanke zum Stehen. Während nachfolgende Autofahrer die Gefahr rechtzeitig erkannten und einige Lkw-Fahrer mit Taschenlampen auf die Unfallstelle aufmerksam machten, näherte sich der BMW aus Bayern mit hoher Geschwindigkeit. Lkw-Fahrer Andrej Kern aus Wilhelmshaven, dessen Truck auf dem Seitenstreifen stand, erinnert sich: „Es standen ca. fünf bis sieben Zentimeter Wasser auf der Straße. Mir ist das Wasser in die Schuhe gelaufen. Der BMW-Fahrer ist nicht mehr gefahren, er ist geschwommen“.
Kern schätzt in dem Filmbericht bei VOX das Tempo des dunklen BMW auf „etwa 190, 200 km/h“. Eine Geschwindigkeit, mit der der Pkw zunächst unter den Auflieger von Andrej Kern gerast war und erst dann wieder auf dem linken Fahrbahnstreifen zum Stehen kam. Der Aufprall war so enorm, dass der voll beladene Lkw sogar noch 15 Meter angeschoben wurde. Unmittelbar nach ihrem Eintreffen riegelten die Kräfte der Autobahnpolizei Langwedel und der Feuerwehr Walsrode die Einsatzstelle hermetisch ab. „Wir wollten die Opfer vor den Augen Neugieriger schützen. Das waren extreme Bilder. Dadurch, dass der BMW unter den Lkw gerast ist, wurde sogar das Dach des Pkw abgetrennt“, schildert Jens Führer von der Feuerwehr Walsrode.
Offensichtlich hat das viel zu hohe Tempo des BMW-Fahrers und die den Witterungsverhältnissen nicht angepasste Fahrweise dazu geführt, dass dieser die Unfallstelle auf der A 27 viel zu spät erkannt hat. Obwohl es keinerlei Bremsspuren gibt, spricht vieles für ein Ausweichmanöver in letzter Sekunde. Unfallanalytiker Dipl.-Ing. Uwe Hagemann von der Dekra: „Bei so starkem Aquaplaning ist es durchaus vorstellbar, dass der BMW stark verzögert hat, ohne dabei Spuren zu hinterlassen. Ich denke, dass der Fahrer angesichts seiner Geschwindigkeit die Unfallstelle im letzten Moment zwar noch gesehen hat, dann aber tatsächlich keine Chance mehr hatte, auszuweichen“.
Wie verhängnisvoll sich Wasserglätte auf den Brems- bzw. Anhalteweg auswirkt, demonstriert „auto mobil“ anhand eines Tests bei Tempo 80. Ein baugleiches Fahrzeug schwimmt auf, der Anhalteweg verlängert sich um mehr als das Doppelte. Unfallanalytiker Uwe Hagemann warnt: „Elektronische Helfer wie ABS oder ESP sind bei diesen Witterungsverhältnissen zwar äußerst dienlich, doch lassen sich die Grenzen der Physik einfach nicht überlisten“. Im Hinblick auf die Uhrzeit des schweren Verkehrsunfalls wurde übrigens auch geprüft, ob der Fahrer nicht möglicherweise hinter dem Lenkrad eingeschlafen ist. Das verunglückte Ehepaar, das bei Freunden in Niedersachsen übernachtet hatte, hatte schließlich noch einen weiten Weg vor sich.
Jürgen Menzel von der Polizeiinspektion Verden/Aller stellt klar: „Zeugen haben uns bestätigt, dass beide etwa eine Stunde vorher die Fahrt ausgeruht angetreten haben. Am gleichen Tag wollten sie noch ihre Arbeitsstelle antreten, doch dazu ist es leider nicht mehr gekommen“. In dem Bericht bei VOX wird übrigens auch aufgearbeitet, wie nachhaltig der schwere Unfall das Leben von Ersthelfern und Unfallbeteiligten geprägt hat. „Ich fahre nahezu täglich an der Unfallstelle vorbei und habe jedes Mal die entsetzlichen Bilder vor Augen“, beschreibt Feuerwehrmann Jens Führer. Und als Folge des Unfalls vom 10. August 2009 hat ein Kollege von Lkw-Fahrer Andrej Kern sogar seinen Job gekündigt.
Text: Norbert Böwing (Produzent)
Hier noch ein paar Bilder von den "Dreharbeiten" und ein Foto des damaligen Unfalls: